KreativLand BW
Mit 53.000 Gesamterwerbstätigen, 6.500 Unternehmen und einem Mindestumsatz von 1,91 Mrd. Euro zählt die Branche der Kultur- und Kreativwirtschaft zu einer bedeutenden Wirtschaftskraft in den ländlichen Räumen von Baden-Württemberg.
Diese und weitere Fakten zeigt die bundesweit erstmalige Studie KreativLand BW auf, welche die MFG Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut Prognos AG erstellt hat. Sie schließt damit eine bisherige Datenlücke zur Kultur- und Kreativwirtschaft im Ländlichen Raum von Baden-Württemberg. Die Studie ist durch das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg gefördert und nun veröffentlicht.
Neben Zahlen und Daten zur Kultur- und Kreativwirtschaft in ländlichen Räumen Baden-Württembergs bietet die Studie anhand von Zitaten, Beispielen und Kurzinterviews Einblicke in die Unternehmens- und Schaffenspraxisder Kreativbranche im Land. Handlungsempfehlungen zeigen auf, wie die Branche zukunftsfähig bleibt und zur Zukunftsfähigkeit des Landes beitragen kann.
Die Publikation richtet sich an Vertreter*innen aus Politik, Verwaltung, Förderung sowie an Auftraggeber*innen und Geschäftspartner*innen von Kultur- und Kreativschaffenden sowie an Unternehmer*innen der Kultur- und Kreativwirtschaft.
Quelle: Prognos AG
Die Datenlage zeigt, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft keine ausschließlich urbane Branche ist. Es gibt sie vielfältig in den ländlichen Räumen von Baden-Württemberg, ebenso wie in den Übergangsräumen. Im Gegensatz zu den urbanen Räumen mit Großstädten wie Mannheim, Karlsruhe, Stuttgart oder Ludwigsburg finden sich in den ländlichen Regionen jedoch wenige branchenspezifische Räume, Netzwerke, Ansprechpartner*innen oder Vertretungen. Dies erschwert die Wahrnehmung, Vernetzung, Beauftragung und schließlich Förderung der Branche in den ländlichen Räumen substanziell.
Die Identifizierung und Vernetzung der Kultur- und Kreativunternehmen stellen die Basis für branchenspezifische Räume, Netzwerke, Ansprechpartner*innen oder Interessenvertretungen dar. Sie sind daher eine grundlegende Handlungsempfehlung.
Der Ländliche Raum Baden-Württembergs hebt sich von anderen Ländern durch eine starke Wirtschaftskraft des produzierenden Gewerbes und des Mittelstands ab, liegt aber in Bezug auf Wissensintensität und Innovationskraft hinter den urbanen Räumen. Das Potenzial der Kultur- und Kreativunternehmen als Innovationstreiber*innen für die digitale und wirtschaftliche Transformation kann im Ländlichen Raum noch stärker genutzt werden. Die branchenübergreifende Vernetzung von Kreativwirtschaft und anderen Branchen gilt es im Ländlichen Raum zu forcieren.
Die Kultur- und Kreativwirtschaft in den ländlichen Räumen ist diverser und kleinteiliger als in den urbanen Räumen Baden-Württembergs, was deren Wahrnehmung beeinträchtigt. Gezielte Kommunikationsmaßnahmen von und für Branchenakteur*innen erzeugen Sichtbarkeit und fördern gleichzeitig das Standortimage der ländlichen Räume.
Die Kultur- und Kreativwirtschaft in den ländlichen Räumen ist unterfinanziert. Bestehende Förderungen aus dem Kultur- und Wirtschaftssektor sollten daher für die Kultur- und Kreativwirtschaft im Ländlichen Raum optimiert werden. Dazu zählt die gezielte Öffnung von Förderprogrammen als auch die Beratung der Branchenakteur*innen beim Antragsverfahren. Neue Förderprogramme sind sowohl für die Branche als auch die einzelnen Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft zu entwickeln und sollten langfristige Strukturen statt kurzfristiger Projekte unterstützen.
In ländlichen Räumen existieren mehrheitlich branchenübergreifende Beratungs- und allgemeine Unterstützungsangebote für Gründer*innen und Unternehmer*innen. Zugleich umfasst die Branche im Ländlichen Raum mehr (Mini-)Selbständige als im Urbanen Raum. Regionale Beratungs- und Bildungsstellen für die Kultur- und Kreativwirtschaft können durch branchenspezifische Train-the-Trainer-Angebote für Vertreter*innen aus Wirtschaftsfördereinrichtungen oder kulturellen Institutionen effizient ausgebildet werden und die Gründungsdynamik und Entwicklung der Kultur- und Kreativwirtschaft im Ländlichen Raum erhöhen.
Mittelständische Kultur- und Kreativunternehmen in ländlichen Räumen sehen sich mit einem Fachkräftemangel konfrontiert. Absolvent*innen der kreativen Berufe aus Hoch- und Berufsschulen gilt es als Fachkräfte und Expert*innen zu gewinnen und in branchenspezifischen Formaten wie Game Jams, Escape Rooms etc. mit den Kreativunternehmen zusammenzuführen, damit der Ländlichen Raum wirtschaftsstark und kreativ bleibt.
Kultur- und Kreativschaffende sind Katalysatoren für die Entwicklung von Gemeinden und Regionen, indem sie Innenstädte beleben, Leerstand umnutzen, neue Wohn- und Arbeitskonzepte erproben oder kulturelle Angebote für den gesellschaftlichen Zusammenhalt der lokalen Bevölkerung entwickeln. Das Potenzial der Gemeindeentwicklung ist in den ländlichen Räumen nicht hinreichend genutzt. Die Gründung eines Aktionsnetzwerks KreativLand BW für Gemeinde- und Regionalentwicklung würde gelungene Maßnahmen sammeln, kommunizieren und den Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen Verwaltungen und Branchenakteur*innen schaffen.
Die statistische Erfassung und Auswertung von Unternehmenszahlen in ländlichen Räumen sind durch datenschutzrechtliche Vorschriften nur eingeschränkt möglich. Um weitere Erkenntnisse zur Branche in den ländlichen Räumen zu gewinnen, empfiehlt sich der Aufbau von regionalen Unternehmensdatenbanken in Kombination mit weiterführenden qualitativen Studien. Die Zuhilfenahme von Künstlicher Intelligenz wird die Erstellung solcher Datenbanken erleichtern.
Projektleiterin Unternehmensentwicklung
Unit Kultur- und Kreativwirtschaft
KreativLand BW ist eine Studie und ein Dialogprozess für die Kultur- und Kreativwirtschaft in ländlichen Räumen von Baden-Württemberg. Das Projekt wird von der MFG Baden-Württemberg getragen und durch das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg gefördert.